Am Samstag war es wieder einmal soweit: ich durfte eine Weiterbildung mit dem Charlie Konzept geben. Die Weiterbildung gibt es schon viel länger, als das Bilderbuch von Charlie. Das Bilderbuch entstand eigentlich wegen der Weiterbildung. Weil ich mich als Geschichtenschreiberin mit den Worten und Sätzen etwas einsam fand, suchte ich nach Möglichkeiten der Bebilderung.
Nun, Bilder unterstehen dem Copyright und ich hatte leider auch keine Zeit und Musse, meine Charlie-Geschichte selber zu malen. So begab ich mich auf die Suche nach einer geeigneten Malerin. In Hedy Ulrich aus dem Vorarlberg fand ich sie. Ihre Bilder sind wunderbare Kunstwerke mit viel Liebe zum Detail gemalt. Wir verstanden uns vorzüglich und sie konnte meine Ideen wunderschön gezeichnet und mit eigenen Ideen ergänzt umsetzen. Es war 1 intensives Jahr, in denen wir uns regelmässig trafen und immer wieder Einzelheiten besprachen. Und so wurde aus der Charlie-Geschichte Bild um Bild ein Bilderbuch.
Ich durfte also am Samstag die Geschichte von Charlie zum ersten Mal mit Buch zusammen erzählen und zeigen. Das ist so, als würde das eigene Baby nun endlich gehen! Gleichzeitig meldet sich die Befürchtung, der Frischling könnte gleich wieder umfallen. Kinder, die gehen lernen, fallen nun mal ab und zu um.
Wer hat schon ein eigenes Buch geschrieben und in Eigenregie drucken lassen? Der oder die weiss, wieviele Gehversuche es braucht, bis der Gang sicher und aufrecht ist.
Die Frage welche mir eine Kursteilnehmerin stellte war, weshalb im Charlie-Buch ein Fuchs vorkomme. Denn Füchse und Krokodile würden nicht denselben Lebensraum teilen. Und weshalb denn ein Tannenwald vorkäme? Wäre ein Palmenwald nicht schlüssiger?
Wegen dem Tannenwald, so vermutete ich spontan und vom Frischlings-Beschützungsinstinkt überrascht, hatte wohl der Vorarlberg seine Hand im Spiel. Oder doch nicht? Vor lauter Schreck, dass ich vielleicht etwas übersehen habe, was eine Produzentin nicht übersehen sollte (darüber könnte ich auch mal ein Buch schreiben…), blieb mein Argumentarium auf der Strecke. Nachdem ich mich vom Argumentationsnotstand erholt habe, kann ich jetzt in aller Ruhe und Gelassenheit antworten: die Charlie-Geschichte ist und bleibt schlüssig und sehr logisch.
Es gibt tatsächlich Füchse im Nildelta und dort leben auch Krokodile. Aber Tannenbäume gibt es dort nicht, sondern Känguruh-Bäume die so aussehen, als wären sie Lerchenbäume. Etwas weiter westlich liegt Algerien und juhu, dort gibt es sie: die numidische Tanne. In Algerien gibt es auch Sandfüchse (Rüppell Fuchs) und doch doch, ja ja, auch Krokodile. Die westafrikanischen Krokodile in Algerien sind nämlich wahre (Überlebens)Künstler.
Krokodile treffen im Märchen manchmal auf Füchse. Tannenwälder kommen nicht nur in der Fantasie, im Vorarlberg sondern auch in anderen Ländern vor, wo sie gar nicht erst vermutet werden. Selbst wenn Fuchs, Krokodil und Tannenwald nicht in Algerien vorkämen, sind Märchen deshalb so wundersam verzaubernd und anregend, weil eben alles vorkommen darf, was in der realen Welt unlogisch scheint. Aber eben: manchmal wird ein Märchen wahr und real! Im Übrigen: Wer keine Fantasie hat, dem wird sich auch nie eine zauberhafte Welt eröffnen.
Was bin ich froh, nun endlich zu wissen, dass Charlie bis nach Algerien gereist ist, um nun auf wundersame Art verwandelt in einem Kinderbuch hier im deutschsprachigen Raum auftaucht!
Was bin ich froh um Fragen, die mich in Schrecken versetzen! Denn sie bringen mich dazu, selber zu fragen und neugierig weiterzuforschen. Danke, liebe Kursteilnehmerin.
Kurs mit Charlie: www.zal.ch oder demnächst auch in der Kantonalen Weiterbildung für Lehrkräfte in St. Gallen.